Unwetter erkennen dank GPS
Forschenden der ETH Zürich ist es gelungen, Gewitter mit Starkniederschlag direkt mit GPS-Daten zu messen. Die Ergebnisse ihrer Studie k?nnten die meteorologische Beobachtung und Vorhersage signifikant verbessern.
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In Kürze
- Eine neue Studie von Forschenden der ETH Zürich zeigt, dass GPS-Daten dazu verwendet werden k?nnen, heftige Sturmereignisse anzuzeigen.
- Sie fanden heraus, dass sich starke Niederschl?ge und Gewitter auf das Signal-Rausch-Verh?ltnis auswirken.
- Diese Erkenntnisse k?nnten dereinst nicht nur Wettervorhersagen pr?ziser machen, sondern auch zur Früherkennung von extremen Wetterereignissen beitragen.
Am 13. Juli 2021, kurz vor 2 Uhr morgens, zog ein aussergew?hnlich heftiges Unwetter über Zürich: Heulende Sturmb?en, pausenloses Blitzgeflacker und sintflutartiger Regen schreckte die Menschen aus dem Schlaf. Auch Benedikt Soja, Professor für Weltraumgeod?sie, schlief in jener Nacht schlecht. ?Es war eines der st?rksten Unwetter, das ich je erlebt habe. Ich wachte mitten in der Nacht auf und sah aus dem Fenster, wie der Sturm wütete?, erinnert er sich.
Das Ausmass des Unwetters offenbarte sich am n?chsten Morgen: Umgestürzte B?ume auf Strassen und in P?rken, abgedeckte Hausd?cher und heruntergerissene Tram-Fahrleitungen in verschiedenen Teilen Zürichs. Auch rund um den H?nggerberg lagen ?ste und ganze B?ume am Boden. ?Der Sturm muss genau über die ETH gezogen sein?, sagt Soja.
Ausf?lle bei GPS-Daten
Auf dem Dach des Instituts für Geod?sie und Photogrammetrie auf dem 菲律宾sunbet下载_申慱sunbet现金网-【官方网站】 H?nggerberg zeichnet eine Messstation rund um die Uhr die Signale verschiedener Satellitensysteme auf. Soja und seine Institutskolleg:innen staunten nicht schlecht, als sie die Daten der Sturmnacht n?her betrachteten. ?Es gab Ausf?lle in der GPS-Auswertung. Wir konnten uns aber zun?chst nicht erkl?ren, woran das lag?, sagt Matthias Aichinger-Rosenberger, ehemals Postdoc in Sojas Gruppe und heute Dozent an der ETH Zürich. Als auch andere Messstationen für jene Nacht Ausf?lle bei der Datenmessung von GPS und anderen Satellitennavigationssystemen meldeten, begannen die Forschenden die Rohdaten der Antenne auf dem H?nggerberg auszuwerten.
In der Studie, die in der Fachzeitschrift externe Seite Geophysical Research Letters ver?ffentlicht wurde, konnten sie zeigen, dass extreme Wetterereignisse die Qualit?t der GPS-Signale beeinflussen und sich diese Signale somit auch zur Messung von Unwettern eignen. Dereinst k?nnte man sie sogar zur Früherkennung und Prognose von Gewittern verwenden.
Das Signal-Rausch-Verh?ltnis sackte ab
Ihre Schlüsse zogen die Wissenschaftler aus der Analyse der Daten des Unwetters vom 13. Juli sowie eines weiteren Sturms im Sommer 2021. Dabei zeigte sich, dass die extremen Wetterereignisse einen Einfluss auf das Signal-Rausch-Verh?ltnis hatten. Dieses gibt an, wie stark die Satelliten-Signale sind, die uns auf der Erde erreichen. Je h?her das Verh?ltnis ist, desto besser ist die Signalqualit?t.
?Normalerweise ?ndert sich die Signalst?rke, die wir mit unserer Antenne auf dem Dach messen, nur minimal?, sagt Aichinger-Rosenberger. Anders jedoch an den beiden Sturmtagen: ?Zum Zeitpunkt des Unwetters nahm das Signal-Rausch-Verh?ltnis in den GPS-Daten signifikant ab. Sobald das Gewitter weitergezogen war, sahen wir, dass es wieder im normalen Bereich war.?
Um den genauen Zeitpunkt des Gewitterüberzugs zu bestimmen und zu prüfen, ob dieser mit jenem Zeitpunkt übereinstimmt, an dem das Signal-Rausch-Verh?ltnis absackte, verglichen die Forschenden ihre Daten mit Radardaten der Uni Bern. ?Dies hat unsere Vermutung best?tigt, dass es einen direkten Zusammenhang gibt?, so Aichinger-Rosenberger.
War es starker Regen oder Hagel?
Die Forschenden sind sich sicher, dass starker Niederschlag für die pl?tzliche Abnahme des Signal-Rausch-Verh?ltnisses verantwortlich ist. Noch ist nicht klar, welche Form von Niederschlag – Regen oder Hagel – einen gr?sseren Einfluss hat und weshalb. Das m?chten die Wissenschaftler künftig herausfinden.
So simpel das Resultat der Studie ist, es ist ein Durchbruch für die Weltraumgeod?sie-Forschung. ?Es wurde noch nie nachgewiesen, dass schwere Gewitter oder andere Wetterereignisse mit starkem Niederschlag das Signal-Rausch-Verh?ltnis signifikant beeinflussen?, sagt Aichinger-Rosenberger. Bisher ging man davon aus, dass GPS ein wetterunabh?ngiges System ist. Nun zeigt sich, dass GPS-Daten empfindlich genug sind, um atmosph?rische St?rungen zu erfassen.
Niederschl?ge verl?sslicher voraussagen
Diese Erkenntnisse er?ffnen neue Perspektiven für die Nutzung von Satellitennavigations-Daten in der Meteorologie. ?Wir m?chten nun mehr Messungen sammeln, um die Vorhersage von Niederschlag in Wettermodellen zu verbessern?, sagt Soja. Denn Niederschlag verl?sslich vorauszusagen ist immer noch eine grosse Herausforderung. ?Viele andere meteorologische Parameter wie zum Beispiel die Temperatur kann man mittlerweile recht gut mit numerischen Wettermodellen vorherbestimmen. Aber beim Niederschlag sind solche Modelle leider oft nicht gut genug?
Um die Erkenntnisse der ETH-Forschenden dereinst für die Vorhersage zu nutzen, müssen sie in Bezug zu einem Wettermodell gebracht werden. ?Um unsere Beobachtungen auf gewisse Parameter wie den Wasser- oder Eisgehalt in der Luft oder die Zugrichtung des Unwetters übertragen zu k?nnen, müssen wir weitere Daten sammeln und auswerten. Diese Erkenntnisse k?nnten dann in ein computergestütztes Wettermodell einfliessen, was die Vorhersage von Niederschl?gen verbessern k?nnte?, sagt Aichinger-Rosenberger.
Für Früherkennung braucht es mehr Empf?nger
Noch müssen Unwetter die Messstation für GPS-Signale direkt überqueren, um erkannt zu werden. Weil das Netz an Messstationen nicht engmaschig genug ist, taugt die Methode noch nicht zur Früherkennung von Gewittern. ?Wenn man zum Beispiel rund um Zürich dreissig, vierzig station?re Empf?nger h?tte, k?nnte man über der Stadt ein Extremwetterereignis genau und auch sehr kostengünstig erfassen?, erkl?rt Soja. ?Mit einem dichten Netz an Stationen liesse sich dann auch bestimmen, wo es sich hinbewegt und wie schnell.?
Eingesetzt werden k?nnte ein solches Früherkennungs-System künftig zum Beispiel für einen sichereren Flugbetrieb, sagt Soja. ?Mit einem dichten Netz von GPS-Stationen rund um den Flughafen liesse sich ein Unwetter in Echtzeit lokalisieren und es k?nnte dementsprechend Warnungen geben.?
Neben der Verfeinerung der Methode planen die Wissenschaftler, ihre Forschungsarbeit schweizweit und auch auf europ?ischer Ebene auszuweiten und ihr Netzwerk entsprechend zu erweitern. Das heftige Unwetter vom Juli 2021 hat zwar lokal viel Zerst?rung gebracht, aber auch Wissen, das dereinst global angewendet werden k?nnte.
Weltraumgeod?sie
Die Weltraumgeod?sie ist ein Fachgebiet der Geod?sie, das sich mit der Vermessung und Kartierung von grossen Gebieten, insbesondere der Erde, unter Verwendung von Technologien im Weltraum befasst. Das Hauptziel der Weltraumgeod?sie besteht darin, pr?zise Informationen über die Form, Gr?sse und Bewegung der Erde zu erhalten.
GPS ist ein entscheidender Bestandteil der Weltraumgeod?sie. Durch die Verwendung von GPS-Satelliten k?nnen Nutzerpositionen auf der Erde hochgenau bestimmt werden. Dies wird in vielen Anwendungen wie Navigation, Vermessung und Geoinformationssystemen genutzt.
Literaturhinweis
Aichinger-Rosenberger M, Aregger M, Kopp J, Soja B: Detecting Signatures of Convective Storm Events in GNSS-SNR: Two Case Studies from Summer 2021 in Switzerland. Geophysical Research Letters 2023, 50. doi: externe Seite 10.1029/2023GL104916