Eine Proteinschere für bessere Krebstherapien
Der ETH-Biologe Daniel Richter hat eine Methode entwickelt, die Proteine stabil mit einem Wirkstoff oder einem Biomarker verbindet. In Zukunft m?chte er sie dazu nutzen, um Tumorzellen zu erkennen und bessere Krebsmedikamente herzustellen.
- Vorlesen
- Anzahl der Kommentare
Weisse Oberfl?chen, bunte Flüssigkeiten in Glasbeh?ltern und Ger?te, die wie Küchenmaschinen aussehen. An den W?nden h?ngen Pipettierger?te und Sicherheitsanweisungen für deren Verwendung. In einem grossen transparenten Kasten schwenkt ein Schüttelger?t mit einer grünen Flüssigkeit gefüllte Glaskolben im immer gleichen Rhythmus.
Auf den ersten Blick gleicht der Ort, an dem Daniel Richter forscht, vielen anderen Labors auf der Welt. Nichts deutet darauf hin, dass der ETH-Doktorand hier an einem biochemischen Verfahren arbeitet, das die ETH Zürich zur vielversprechendsten Erfindung gekürt hat, die im vergangenen Jahr zum Patent angemeldet wurde.
Hinter dem Verfahren stehen neben Richter der Postdoc Edgars Lakis und ETH-Professor J?rn Piel vom Institut für Mikrobiologie. Die drei Forschenden hoffen damit nicht nur den Werkzeugkasten der Pharmaindustrie betr?chtlich zu erweitern, sondern auch besseren Krebstherapien zum Durchbruch zu verhelfen. Bis es so weit ist, gilt es aber noch einige Hürden zu überwinden.
Bessere Medikamente gegen Krebs
Krebs ist in vielen westlichen L?ndern weiterhin die h?ufigste Ursache für vorzeitige Sterblichkeit. Um ihn zu behandeln, kommen h?ufig Chemotherapien zum Einsatz, bei denen ein Medikament das Wachstum der Tumorzellen hemmt.
Doch leider wirken diese Substanzen nicht nur auf den Tumor, sondern greifen auch gesunde Zellen an. Eine m?glichst hohe Dosierung, welche die Krebszellen ganz zerst?ren würde, ist oft nicht m?glich, da sonst auch zu viele gesunde Zellen Schaden nehmen.
An dieser Schwachstelle setzt das neue Verfahren von Richter, Lakis und Piel an: ?Wir wollen Krebswirkstoffe mit spezifischen Antik?rpern versehen, so dass sie nur Tumorzellen angreifen. Dadurch kann die Dosis der Wirkstoffe erh?ht und Nebenwirkungen, die im schlimmsten Fall zum Abbruch der Therapie führen k?nnen, reduziert werden?, erkl?rt Richter.
Grundlagenforschung für ein neues Enzym
Die grosse Herausforderung bei der Herstellung dieser sogenannten Konjugate ist, dass sich der Wirkstoff auf dem Weg zum Tumor an einer falschen Stelle l?sen kann. Es gilt daher, eine m?glichst stabile Verbindung zu finden, welche den giftigen Wirkstoff erst in der Tumorzelle freisetzt. Bestehende Antik?rper-Therapien haben dieses Problem bis heute nicht ganz gel?st.
Richter und seine Kollegen wissen sich mit einem Enzym zu helfen, das die Verbindung zwischen Antik?rper und Wirkstoff besonders einzigartig und stabil machen soll. Um diesen Mechanismus zu verstehen, braucht es an dieser Stelle einen Schritt zurück: Zurück zur Grundlagenforschung an der Professur für bakterielle Naturstoffe von J?rn Piel.
Piel und sein Team untersuchen Bakterien, um Enzyme zu finden, die neue chemische Reaktionen ausl?sen. Brandon Morinaka, damals Postdoc in Piels Gruppe und heute Professor an der National University of Singapore, wird eines Tages in Cyanobakterien fündig: Er st?sst auf ein Enzym, das Proteine auf eine vorher unbekannte Weise ver?ndert. Ein bemerkenswerter Fund der ETH-Forschenden, für den es zun?chst aber keine konkrete Anwendung gibt.
Das fehlende Puzzle-Gegenstück
Dies ?ndert sich, als Daniel Richter und Edgars Lakis ihre K?pfe zusammenstecken: Lakis arbeitet damals als Doktorand mit Morinaka und widmet einen Teil seiner Dissertation dem neuen Enzym. Gemeinsam mit Richter und Piel erkennt er, dass man das neue Enzym nutzen kann, um jedes Protein wie zum Beispiel Antik?rper zu ver?ndern.
Durch den Eingriff bekommen die Proteine eine einzigartige Struktur und werden damit unverwechselbar. Dies erm?glicht es, sie mit anderen spezifischen Molekülen zu verbinden. ?Man kann sich das Enzym wie eine Schere vorstellen, mit der man aus einem Teil eines Proteins oder Antik?rpers ein unverwechselbares Puzzleteil macht?, erkl?rt Richter.
Hat man ein passendes Gegenstück zum Antik?rper, kann man dieses Gegenstück mit einem giftigen Wirkstoff beladen, so dass dieser nur in der Krebszelle und nicht an anderen Stellen freigesetzt wird. Der 24-j?hrige Liechtensteiner macht es sich in seiner Masterarbeit zur Aufgabe, dieses Gegenstück zu erzeugen. Durch eine Kombination aus chemischer Logik, Versuch und Irrtum im Labor und sehr viel Fleiss wird er schliesslich fündig: Er findet das Puzzle-Gegenstück, das zum ver?nderten Protein passt.
Leuchtende Proteine
Den Nachweis, dass das Verfahren auch Potential für pharmazeutische Anwendungen hat, erbringen die Forschenden, indem sie zun?chst ein Protein in einem Bakterium mit dem Enzym ver?ndern und dann das Puzzle-Gegenstück mit einem fluoreszierenden Molekül verbinden. Betrachtet man das Bakterium unter dem Fluoreszenzmikroskop, sieht man die ver?nderten Proteine am Bildschirm grün leuchten.
Die Analyse zeigt, dass sich der Farbstoff nur mit jenen Proteinen verbunden hat, die mit dem Enzym reagiert haben. Das Besondere daran: Die Verbindung ist sehr spezifisch und stabil und kann in Zukunft auch verwendet werden, um Krebszellen zu lokalisieren. ?Unsere Methode hat den Vorteil, dass wir Tumorzellen im K?rper von Patienten visualisieren k?nnen, ohne eine Gewebeprobe entnehmen zu müssen?, so Richter.
M?gliche Anwendungen in der Pharmaindustrie
Damit wird der Weg frei, das mehrstufige Verfahren auch für die Herstellung von Antik?rper-Wirkstoff-Konjugaten und in der Diagnostik zu testen. ?Mit unserer Methode k?nnen wir prinzipiell jedes Protein mit einem Wirkstoff oder einem Biomarker verbinden?, erkl?rt ETH-Doktorand Richter.
In einem n?chsten Schritt will Richter das Verfahren auf Proteine aus menschlichen oder tierischen Zellen anwenden. Sind diese Tests erfolgreich, kann er sich schliesslich krebsspezifischen Antik?rpern zuwenden.
Für den jungen Forscher heisst das, dass er auch in Zukunft sehr viel Zeit in seinem Labor am 菲律宾sunbet下载_申慱sunbet现金网-【官方网站】 H?nggerberg der ETH Zürich verbringen wird, um das Verfahren zu adaptieren. Doch Richter l?sst sich von dem betr?chtlichen Aufwand, der noch auf ihn wartet, nicht abschrecken: ?Ich bin optimistisch, dass man mit unserem Verfahren günstigere Krebstherapien entwickeln kann, die spezifischer sind und zu geringeren Nebenwirkungen führen.?