Landwirtschaft – gestern, heute und morgen brandaktuell

Bald wurden die ersten drei Professoren berufen: Adolf Kraemer f¨¹r Viehzucht, Anton Nowacki erhielt die erste Professur f¨¹r Acker- und Pflanzenbau und Kraemers sp?terer Schwiegersohn Ernst Schulze war Agrochemiker. Notabene alles M?nner und alles Ausl?nder ¨C Frauen und Schweizer waren damals f¨¹r diese Positionen schlicht nicht zu finden. Doch das Betreuungsverh?ltnis der Studierenden war fantastisch: Die drei Professoren hatten gerade mal f¨¹nf Studenten zu betreuen. Bis 1875 waren insgesamt nur 37 Personen f¨¹r das Studium eingeschrieben. Bald stiess die erste Frau hinzu: Maria Kovalik. Nach sieben Semestern schloss die geb¨¹rtige Russin ihr Landwirtschaftsstudium 1877 erfolgreich ab, womit sie als erste Frau ¨¹berhaupt am Polytechnikum ein Diplom erlangte. Als erste Schweizerin diplomierte Lilly Leuthold 1925 in Agrarwissenschaften. Und es sollte nochmals 67 Jahre dauern, bis mit Silvia Dorn 1992 eine ordentliche Professorin f¨¹r die Agrar- und Lebensmittelwissenschaften der ETH Z¨¹rich gew?hlt wurde.  

Doch grosse Spr¨¹nge konnten die ersten Agrarwissenschaftler der ETH nicht machen. Die landwirtschaftliche Abteilung bekam zwar 12 Prozent der damaligen Budgetmittel der ETH zugesprochen ¨C was im Jahr 1871 gerade mal um 35'000 Schweizer Franken waren. Ein wichtiger Meilenstein, um Forschung in den Agrarwissenschaften voranzutreiben, war das Recht, die Doktorw¨¹rde zu verleihen. Dieses Recht erhielt die ETH im Jahr 1909. Die erste Agrardissertation von 1913 zum Thema ?Physikalische Eigenschaften des Pferdehufhorns? ging deshalb in die Geschichte ein. Emmanuel Frossard, seit 1994 Professor f¨¹r Pflanzenern?hrung an der ETH zu den Anf?ngen der landwirtschaftlichen Forschung: ?Diese war immer kreativ und auf einem exzellenten Niveau. So ist es auch gelungen, Nachwuchs auszubilden, der Generationen pr?gte.?

Vielfalt der Disziplinen

Nach einem etwas z?gerlichen Start nahm das Fachgebiet rasch an Fahrt auf. Dabei ver?nderte sich immer wieder die Struktur der ehemaligen Abteilung f¨¹r Landwirtschaft. Michael Kreuzer, Professor f¨¹r Tierern?hrung, ist zusammen mit Emmanuel Frossard am l?ngsten am Institut f¨¹r Agrarwissenschaften besch?ftigt. Er weist darauf hin, wie wichtig es war, die Nutztier- und Pflanzenwissenschaften im Jahr 2010 in einem Institut zusammenzulegen. 2012 wurde schliesslich das Departement Agrar- und Lebensmittelwissenschaft aufgeteilt und die Agrarwissenschaften wurden im neuen Departement f¨¹r Umweltsystemwissenschaften integriert ¨C ein wichtiger Schritt, die Agrarwissenschaften als systemische Wissenschaft zu verstehen.

Heute umfasst das Institut f¨¹r Agrarwissenschaften zw?lf Professuren. Acht weitere aus anderen ·ÆÂɱösunbetÏÂÔØ_Éê‘_sunbetÏÖ½ðÍø-¡¾¹Ù·½ÍøÕ¾¡¿n sind assoziiert. Pflanzen- und Nutztierwissenschaften bleiben zentral, aber Agrar?konomie, nachhaltige Agrar?kosysteme oder computergest¨¹tzte ?kosystemwissenschaften geh?ren heute ebenfalls dazu.

?Die Agrarwissenschaften sind nicht eine Disziplin, sondern eine Reihe von Disziplinen. Fr¨¹her ging es darum, eine ausreichende landwirtschaftliche Produktion zu gew?hrleisten, heute m?chten wir eine multifunktionale Landwirtschaft weiterentwickeln, welche die Umwelt schont?, erkl?rt Frossard. Das Studium ist ¨C nach einer Baisse anfangs der 2000er Jahre ¨C wieder beliebt: Rund 70 Studierende beginnen jedes Jahr den Bachelor in Agrarwissenschaften, die H?lfte davon sind Frauen.

Landwirtschaft ¨C eine emotionale Angelegenheit

Obwohl die Schweiz heute kein Agrarstaat mehr ist, bleibt die Landwirtschaft und damit auch die Agrarwissenschaften an der ETH ein emotionales Thema. Das zeigt sich in diversen Episoden aus der j¨¹ngeren Geschichte. 2002 pr?sentierte die ETH in der Sonderschau ?Expoagricole? der Expo in Murten die Kulturpflanze Mais ¨C das Interesse der Bev?lkerung war riesig. Ebenso ist der Besucherandrang an Infotagen zum Beispiel in der Forschungsanstalt AgroVet-Strickhof ungebrochen.