Kühlen mit Licht

ETH-Forscher haben ein Nanopartikel auf eine rekordtiefe Temperatur hinuntergekühlt. M?glich wurde dies durch eine raffinierte Versuchsanordnung, bei der gestreutes Laserlicht zum Kühlen genutzt wird.

Kühlen mit Licht
Mit dieser raffinierten Versuchsanlage konnten die ETH-Forschenden die Nanopartikel auf wenige Milli-Kelvin hinunterkühlen. (Bild: ETH Zürich / S. Busschaert)

Auf so tiefe Temperaturen hat noch nie jemand zuvor ein Nanopartikel in einem Photonenk?fig hinuntergekühlt: Dominik Windey und René Reimann, Doktorand und Postdoc in der Gruppe von Lukas Novotny, Professor für Photonik, gelang es, ein 140 Nanometer grosses Glaskügelchen auf wenige Tausendstel-Grad über dem absoluten Nullpunkt abzukühlen.

Ihre Arbeit haben die Forscher kürzlich in der Zeitschrift ?Physical Review Letters? publiziert. Der Durchbruch gelang ihnen mit einer ausgeklügelten Versuchsanordnung. Ausgangspunkt dafür ist eine sogenannte optische Pinzette, mit der ein Nanopartikel mit Hilfe eines Laserstrahls in der Schwebe gehalten werden kann. Genau diese optische Pinzette verwendete die Gruppe bereits in einer früheren Arbeit, bei der sie ein Nanopartikel extrem schnell um die eigene Achse drehen liess.

Ein schmaler Grat

Die Wissenschaftler haben nun die optische Pinzette mit einem quer dazu angeordneten Photonenk?fig erg?nzt. Dieser K?fig besteht aus zwei hochreflektierenden Spiegeln, deren Position die Forscher auf wenige Milliardstel Millimeter genau einstellen k?nnen.

Diese pr?zise Einstellung ist entscheidend, denn ein Teil des Laserlichts wird am Partikel gestreut, und über die Distanz der Spiegel k?nnen die Wissenschaftler beeinflussen, welche Art von Licht gestreut wird. ?Wir k?nnen die Spiegel so einstellen, dass verst?rkt Licht gestreut wird, das eine etwas h?here Frequenz hat als das prim?re Laserlicht?, erkl?rt Windey. ?Da h?herfrequentes Licht energiereicher ist, nehmen die Lichtteilchen bei der Streuung Energie vom Nanopartikel auf.? Anders ausgedrückt: Ist der Spiegel richtig eingestellt, verliert das Glaskügelchen andauernd Energie. Seine Schwingungsamplitude wird immer kleiner, es kühlt ab.

?Der Clou bei unserer Versuchsanordnung ist, dass die Schwingung des Partikels nicht nur in einer Richtung kleiner wird, sondern in allen drei Dimensionen?, h?lt Windey fest. ?Das ist mit anderen Versuchsanordnungen, die in der Literatur über Nanopartikel in Photonenk?figen erw?hnt werden, nicht m?glich.? Dass effektiv eine Abkühlung in drei Dimensionen stattfindet, best?tigten theoretische Berechnungen der Kollegen der Universit?t Innsbruck, mit denen die ETH-Forscher ihre Arbeit publiziert haben.

Ann?herung an eine magische Grenze

Mit ihrem neuen Experiment pirschen sich die Forscher an eine magische Grenze heran: Sie n?hern sich der Temperatur, bei der Nanopartikel in den sogenannten Quantengrundzustand übergehen. W?re dies erreicht, k?nnte man erstmals mit vergleichsweise grossen Objekten Quantenexperimente durchführen. Man k?nnte zum Beispiel untersuchen, wie sich ein Glaskügelchen verh?lt, wenn man zwei verschiedene Quantenzust?nde überlagert.

Bis es soweit ist, braucht es allerdings noch viel Arbeit. ?Unsere Temperaturen sind immer noch um mehr als einen Faktor 100 zu hoch?, h?lt Windey fest. ?Wir müssen das Kügelchen also noch viel st?rker abbremsen, wenn wir den Quantengrundzustand erreichen wollen.? Das soll nun mit einer noch raffinierteren Anlage gelingen, bei der die Forscher zus?tzlich noch einen zweiten Photonenk?fig dazuschalten, also quasi ein zweistufiges Kühlsystem implementieren.

Unerwartete St?rquelle

Selbstredend, dass der Aufwand nochmals wesentlich h?her sein wird. ?Das System ist extrem empfindlich?, erl?utert Windey. Bereits kleinste St?rungen verschieben die Distanz zwischen den Spiegeln. Die Folge: Das Teilchen wird nicht mehr gekühlt, sondern aufgeheizt und kann nicht mehr in der optischen Pinzette festgehalten werden – die ganze Arbeit beginnt von vorne. ?Wir k?mpften von Anfang an mit unerwarteten Vibrationen?, berichtet Windey. ?Wir fanden dann heraus, dass sich unser Laborgeb?ude auf dem H?nggerberg wegen des Strassenverkehrs tagsüber um 4 Mikrometer hin und her bewegt. Deshalb mussten wir unsere Messungen in der Nacht durchführen.?

Auch wenn die hohe Empfindlichkeit der Messanlage den Forschern derzeit noch das Leben schwer macht, k?nnte gerade sie eine praktische Anwendung erm?glichen. ?Man k?nnte das System für den Bau eines extrem sensitiven Beschleunigungssensors nutzen?, meint Windey. ?Und wenn wir das Partikel dereinst im Quantenzustand haben, k?nnen wir Auslenkungen sogar noch viel pr?ziser bestimmen.?

Literaturhinweis

Windey D et al.: Cavity-Based 3D Cooling of a Levitated Nanoparticle via Coherent Scattering. Phys. Rev. Lett. 122, 123601, doi: externe Seite 10.1103/PhysRevLett.122.123601

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