Die wahren Kosten der Fliegerei

Fliegen ist zu billig, rechnet Renate Schubert vor. Würden Treibstoff?steuer, CO2-Abgabe und Mehrwertsteuer bezahlt, w?ren Tickets teurer und Falschanreize verringert.

Renate Schubert

?bers Wochenende mal schnell nach London? Zum Weihnachtsshopping rasch nach New York? Wer kennt sie nicht, die Versuchung des billigen Fliegens? Tatsache ist, dass das Fliegen dem Klima enorm schadet. Dennoch ist Fliegen heutzutage in den meisten L?ndern so billig, dass mehr denn je geflogen wird. Warum ist das so?

Flugzeug im Abendhimmel
Keine Kostenwahrheit in der Fliegerei. (Bild: Flightlevel80/iStock)

Fliegen auf Kosten des Klimas

Betrachten wir das Beispiel Schweiz. Hierzulande sind Auslandsflüge von der Kerosinbesteuerung ausgenommen; im Automobilbereich hingegen gibt es eine Steuer auf das Benzin. Zudem ist der Flugverkehr von einer CO2-Abgabe befreit und kennt auch keine Emissions-H?chstgrenzen. Schliesslich müssen Flugpassagiere, anders als andere Konsumentinnen, auch keine Mehrwertsteuer für ihre Tickets zahlen.

Dies alles tr?gt dazu bei, dass Flugpreise – verglichen mit anderen Verkehrsmittel – sehr tief sind. So kann man beispielsweise für 31.20 Franken von Basel nach Berlin fliegen, w?hrend ein regul?res Zugbillet in der zweiten Klasse ohne Erm?ssigung 178 Franken kostet.

Würden Zuschl?ge aufs Fliegen den Zug ?konomisch konkurrenzf?hig machen? ?kologisch w?re er das allemal, denn w?hrend der Flug Basel-Berlin einen CO2-Ausstoss von ungef?hr 180 Kg CO2 bedeutet, würden bei der Zugfahrt nur ca. 20 Kg CO2 emittiert.

Rechenbeispiel Basel – Berlin

Flieger in Abendstimmung mit Preistabelle
Ein Billigflug von Basel nach Berlin w?re normal besteuert rund 2.6-mal teurer. (Bild: Flightlevel80/iStock; SRF/Kassensturz)

Bleiben wir beim Beispiel eines Flugs (einfach, Economy Klasse) von Basel nach Berlin (Sch?nefeld) für 31.20 Franken. Dieser Flug legt eine Distanz von 690 km zurück. Verwendet man den von der deutschen Luftfahrtbeh?rde angenommenen durchschnittlichen Kerosinverbrauch von 5.52 l/Person & 100 km, kommt man auf einen Kerosinverbrauch pro Person von ca. 38 Litern. Basierend auf der Kerosinbesteuerung bei Inlandsflügen von 0.74 Fr/l, erh?lt man einen Treibstoffaufschlag auf den Flugpreis von 27.90 Franken.

Für die CO2-Abgabe orientieren wir uns an den Werten des Bundesamts für Umwelt und des CO2-Gesetzes und setzen 96 Fr/Tonne CO2 an. Der CO2-Ausstoss des Beispiel-Flugs kann, wie erw?hnt, mit 0.18 Tonnen veranschlagt werden, über alle verschiedenen Flugzeugtypen oder Auslastungsgrade hin. Der CO2-Aufschlag betr?gt dann also 17.20 Franken, was zu einem Gesamtflugpreis von 76.30 Franken führt.

Hierauf w?re dann noch die Mehrwertsteuer von 7.7% anzuwenden, was eine weitere Verteuerung um 5.90 auf 82.20 Fr ergibt. Somit l?ge der neue Flugpreis gegenüber dem Ausgangspreis beim 2.6-fachen.1 Würde man etwa noch eine Ticketabgabe berücksichtigen, wie sie an manchen europ?ischen Flugh?fen üblich ist, w?re der Faktor noch gr?sser. Je nach Ausgangspreis ist insgesamt mit dem 2-fachen bis zum 7-fachen des derzeit üblichen Ticketpreises zu rechnen – eine drastische Steigerung!

?Will man die Fliegerei eind?mmen, sind Zuschl?ge auf die Flugpreise ein Schritt in die richtige Richtung.?Renate Schubert

Allerdings ist dieser neue Flugpreis immer noch nur halb so gross wie der Preis eines nicht erm?ssigten Zugbillets. Diese Preisunterschiede haben etwas mit den Unterschieden in den Infrastrukturkosten beider Systeme zu tun – Bau und Erhalt der Schienennetze schlagen beim Zugfahren stark zu Buche. Wichtig scheinen aber auch Marktstrukturen zu sein. W?hrend die Fliegerei ein hart umk?mpfter Markt ist, was sich für die Konsumentinnen und Konsumenten in tiefen Preisen niederschl?gt, ist das Zugfahren h?ufig eher monopolistisch organisiert, mit entsprechend hohen Billetpreisen.

Preissignale und Zeichen setzen

Will man die Fliegerei reduzieren oder zumindest nicht weiter anwachsen lassen, sind Zuschl?ge auf die Flugpreise sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Nur: Erst kürzlich hat sich Umweltkommission des Nationalrats gegen eine CO2-Lenkungsabgabe auf Flugtickets ausgesprochen.

Der Wirksamkeit von Preissignalen allein kann man ohnehin nicht vertrauen. Ich bin überzeugt: Wir brauchen auch eine andere Einstellung zum Thema. Muss ich wirklich zum Weihnachtshopping nach New York, nur weil es so sch?n billig ist? Alles, was dazu beitr?gt, Konsumentinnen und Konsumenten langfristiger denken zu lassen, hilft.  

Weiterführende Information

1 Siehe auch diesen externe Seite Beitrag in der SRF-Sendung Kassensturz.