Geothermie gemeinsam ergründen

Die W?rme im Erdinneren umweltfreundlich, wirtschaftlich und nachhaltig nutzen? Das wünscht sich nicht nur die Schweiz in der Energiestrategie 2050 – auch Europa sieht für die Geothermie eine tragende Rolle im künftigen Energiemix. Das internationale Projekt DESTRESS will Methoden und Machbarkeit prüfen.

Vergr?sserte Ansicht: Geothermieanlage in Klaipėda, Litauen. (© Geoterma)
Die Geothermieanlage in Klaip?da, Litauen, ist Teil des Projekts DESTRESS. (Bild: Geoterma)

Weltweit erforschen und entwickeln zahlreiche Universit?ten und Firmen tiefe Geothermieprojekte zur Strom- und W?rmegewinnung. Trotz einiger Erfolgsgeschichten in geologisch besonders vorteilhaften Bedingungen, etwa im Raum München oder in vulkanischen Gebieten, zeigt sich, dass es nicht leicht ist, tiefe Geothermieanlagen erfolgreich zu realisieren. Das Feld m?glicher Stolpersteine erstreckt sich von Misserfolgen in der Explorationsphase über Reservoirs mit ungenügender Durchl?ssigkeit und Produktivit?t bis hin zu ausgel?sten Erdbeben und oft damit verbundenem Widerstand in der Bev?lkerung.

Das ?Schweizer Kompetenzzentrum für Energieforschung – Strombereitstellung? (SCCER-SoE) forscht intensiv an diesen Themen, zum Beispiel im externe Seite Felslabor Grimsel [1]. Pilot- und Demonstrationsprojekte bleiben denn auch das wichtigste Element, um die Technologie zu testen, zu verbessern und gesellschaftliche Akzeptanz zu f?rdern. Allerdings dauert es typischerweise fünf bis zehn Jahre, bis ein tiefes Geothermieprojekt realisiert werden kann. In der Schweiz gibt es derzeit nur wenige Projekte in fortgeschrittenem Stadium.

DESTRESS – ein Gemeinschaftsprojekt

An dieser Stelle kann die internationale und speziell die europ?ische Zusammenarbeit einen wichtigen Beitrag leisten. Die USA [2] und insbesondere die EU sehen die tiefe Geothermie als eine der Schlüsseltechnologien der künftigen Energielandschaft und unterstützen sie mittels zahlreicher Projekte. Ein Beispiel dafür ist das im Rahmen des EU-Programms Horizon 2020 gef?rderte Projekt externe Seite DESTRESS, an dem sich sechs europ?ische L?nder und Südkorea beteiligen. DESTRESS zielt darauf ab, für verschiedene Demonstrationsstandorte Massnahmen und Methoden zu entwickeln und zu testen, die auf den lokalen geologischen Untergrund abgestimmt sind und umweltfreundliche sowie wirtschaftlich erfolgreiche Geothermieprojekte erm?glichen.

DESTRESS fokussiert auf Enhanced Geothermal Systems? (EGS), also petrothermale Systeme, die sich aufgrund hydraulischer Stimulation im tiefen Untergrund herausbilden: Durch Einpumpen von Flüssigkeiten unter hohem Druck wird ein künstliches Reservoir erzeugt, in dem Flüssigkeit zirkuliert und sich erw?rmt. EGS haben im Vergleich zu hydrothermalen Systemen den Vorteil, dass sie nicht auf bestehende wasserführende Schichten angewiesen und damit im Prinzip standortunabh?ngig sind. Der Erfolg solcher Projekte h?ngt von drei wesentlichen Faktoren ab: Geologie, Wirtschaftlichkeit und Gesellschaft.

Knacknuss Geologie

Bei der Geologie und der Wirtschaftlichkeit erweisen sich vor allem die Durchl?ssigkeit und die Produktivit?t des Reservoirs sowie die induzierte Seismizit?t als zentral. Viele Geothermieprojekte scheiterten in der Vergangenheit, weil sie zu geringe Flüssigkeitsmengen f?rderten und daher wirtschaftlich nicht rentabel waren. DESTRESS testet deshalb an verschiedenen Standorten, wie sich hydraulische, thermische und chemische Verfahren in Kombination auf die Produktivit?t einer Anlage auswirken.

Zudem gelangen neue Bohrtechnologien zum Einsatz: Bei sogenannten ?multistage Stimulationsverfahren? werden ausgehend von einem Bohrloch verschiedene horizontale Seitenarme erstellt, um die Effizienz des Systems zu steigern. Kleine Erdbeben sind dabei notwendig, um die Gesteinsdurchl?ssigkeit im gewünschten Umfang zu erh?hen. Die Kunst besteht darin, ausreichend kleine Erschütterungen zu erzeugen, ohne Erdbeben mit Schadenspotenzial auszul?sen. Dazu setzt DESTRESS unter anderem sogenannte adaptive Ampelsysteme ein, an denen in der Schweiz seit einigen Jahren intensiv geforscht wird. Diese basieren auf einer engmaschigen seismischen ?berwachung, die mit statistischen und physikalischen Vorhersagemodellen kombiniert wird. Gekoppelt an Massnahmen, die bei ?berschreitung von Grenzwerten greifen, zielen Ampelsysteme darauf ab, das seismische Risiko auf ein akzeptables Niveau zu reduzieren.

Lehrgeld sparen

Geothermieprojekte sind mit verh?ltnism?ssig grossen Investitionskosten verbunden. Gewinnbringende Projekte setzen neben einer ausreichenden Produktivit?t breit akzeptierte Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt voraus. Um gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen und regulatorische Bestimmungen einzuhalten, sind eine umfassende Analyse und transparente Auslegung der potentiell mit Geothermieprojekten verbundenen Risiken unabdinglich. DESTRESS entwickelt und prüft an Demonstrationsstandorten mit unterschiedlichen geologischen Voraussetzungen innovative Ans?tze und Methoden. Ein wichtiges Element besteht darin, die gewonnenen Erkenntnisse in Form von ?best practices“ einem breiten Publikum zug?nglich zu machen, damit alle, die ein umweltfreundliches, wirtschaftlich erfolgreiches und nachhaltiges Geothermieprojekt planen oder betreiben, m?glichst wenig Lehrgeld bezahlen – sowohl in Europa als auch andernorts.

Vergr?sserte Ansicht: DESTRESS Geothermieanlagen (©  DESTRESS)
Die Geothermieanlagen im Projekt DESTRESS. (Bild: DESTRESS)

Stefan Wiemer hat diesen Beitrag gemeinsam mit Michèle Marti vom Schweizerischen Erdbebendienst an der ETH Zürich verfasst. Sie finden diesen Beitrag auch im externe Seite Blog des SCCER-SoE.

Weiterführende Informationen

[1] Siehe externe Seite Beitrag von SRF zum Experiment "In-situ Stimulation and Circulation“

[2] US-Departement of Energy: externe Seite FORGE

Zum Projekt

DESTRESS testet verschiedene Methoden, um “Enhanced Geothermal Systems” (EGS) zu betreiben. Das Projekt hat zum Ziel, den Kenntnisstand zu verbessern und L?sungen für nachhaltige Geothermieprojekte zu erarbeiten. EGS erm?glichen es, das bisher unerschlossene Potenzial geothermischer W?rme verantwortungsvoll zu erschliessen. DESTRESS tr?gt dazu bei, die technologischen, ?konomischen und sozialen Chancen und Risiken der Geothermie besser zu verstehen. Bestehende und neue Projektstandorte wurden ausgew?hlt, um die im Rahmen von DESTRESS entwickelten Konzepte zu testen.

Die Schweiz ist in DESTRESS durch die ETH Zürich und die Geo-Energie Suisse AG vertreten. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) unterstützt DESTRESS mit einem Beitrag von 7 Mio. CHF.

Weitere Informationen finden Sie auf externe Seite www.destress-h2020.eu oder im externe Seite DESTRESS Newsletter.

Zu den Autoren

Michèle Marti
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