Trockenakku für mehr Sicherheit

Forschende der ETH Zürich entwickelten einen Lithium-Ionen-Akku, der ausschliesslich aus festem Material besteht – er enth?lt weder Flüssigkeiten noch Gele. Selbst bei sehr hohen Temperaturen kann er sich nicht entzünden. Die neuen Akkus haben somit einen Sicherheitsvorteil gegenüber herk?mmlichen Batterien, und sie erm?glichen ganz neue Formen des Batteriedesigns.

Festkörperakku
Eine Scheibe des (weissen) Lithiumgranat-Elektrolyten, beschichtet mit einer (schwarzen) Lithiumverbindung als Minuspol im Labor der ETH-Forschenden. (Bild: ETH Zürich / Fabio Bergamin)

In Lithium-Ionen-Akkus kann man auf kleinem Raum viel Energie speichern. Dies macht sie zur Energiequelle der Wahl für mobile Elektronikger?te. Handys, Laptops, E-Bikes und Elektroautos werden heute mit solchen Akkus betrieben. Forschende der ETH Zürich haben nun einen Akku-Typen entwickelt, der im Gegensatz zu den herk?mmlichen ausschliesslich aus festen chemischen Verbindungen besteht und nicht entzündlich ist.

Klassische Lithium-Ionen-Akkus sind n?mlich nicht ganz ungef?hrlich: Mehrfach sind in der Vergangenheit Handybatterien explodiert, was zu Verletzungen geführt hat. Und in der Altstadt von Steckborn am Bodensee brannte vor einem halben Jahr eine ganze H?userzeile nieder. Ausgel?st wurde der Grossbrand durch einen Modellbau-Akku, der Feuer fing, weil er mutmasslich unsachgem?ss aufgeladen wurde.

Festk?rperakkus kann man stark erhitzen

In klassischen Lithium-Ionen-Akkus sowie in den meisten anderen Batterien sind der Plus- und Minuspol – die beiden Elektroden – aus festen leitenden Verbindungen gefertigt; zwischen diesen Elektroden bewegen sich Ladungen in einem flüssigen oder gelf?rmigen Elektrolyten. L?dt man einen solchen Akku unsachgem?ss auf (überl?dt man ihn) oder l?sst man ihn in der Sonne liegen, kann sich die Flüssigkeit entzünden oder das Gel kann aufquellen.

Anders in sogenannten Festk?rperakkus (engl. solid state batteries), die sich zurzeit in vielen Forschungslabors weltweit in Entwicklung befinden: In ihnen sind nicht nur die Elektroden, sondern auch der dazwischenliegende Elektrolyt aus festem Material gefertigt. ?Feste Elektrolyte beginnen nicht zu brennen, selbst wenn sie sehr stark erhitzt werden oder offen an der Luft liegen?, erkl?rt Jennifer Rupp. Sie ist Professorin für elektrochemische Materialien an der ETH Zürich und leitete die Entwicklung des neuen Akku-Typen.

Forschung an der Grenzfl?che

Eine der Herausforderungen bei der Entwicklung von Festk?rperakkus ist, Elektroden und Elektrolyt so miteinander zu verbinden, dass Ladungen m?glichst widerstandsfrei zwischen ihnen zirkulieren k?nnen. Für diese Elektroden-Elektrolyt-Grenzfl?che haben die ETH-Forschenden nun einen verbesserten Herstellungsansatz gefunden.

Im Labor stellten sie einen sandwichartig aufgebauten Akku her: Zwischen den beiden Elektroden liegt eine Schicht einer lithiumhaltigen Verbindung (Lithiumgranat) als fester Elektrolyt. Lithiumgranat geh?rt zu den Materialien mit der h?chsten bekannten Leitf?higkeit für Lithium-Ionen.

Schema
(Schema: Van den Broek J et al., Advanced Energy Materials 2016, bearbeitet)

?Bei der Herstellung sorgten wir dafür, dass die feste Elektrolytschicht eine por?se Oberfl?che erhielt?, sagt Jan van den Broek, Master-Student in Rupps Gruppe und einer der Erstautoren der Studie. Darauf trugen die Forschenden das Material des Minuspols in flüssiger Form auf; es konnte in die Poren eindringen. Schliesslich h?rteten die Wissenschaftler den Akku bei 100 Grad Celsius. ?Mit einem flüssigen oder gelf?rmigen Elektrolyten h?tte man einen Akku nicht auf so hohe Temperaturen erhitzen k?nnen?, so van den Broek. Dank dem Trick mit den Poren konnten die Forschenden die Kontaktfl?che zwischen Minuspol und Elektrolyt stark vergr?ssern, was letztlich den Effekt hat, dass der Akku schneller geladen werden kann.

H?here Temperaturen für gr?ssere Kapazit?t

So hergestellte Akkus k?nnte man theoretisch bei normaler Umgebungstemperatur betreiben, sagt Semih Afyon, ehemaliger Wissenschaftler in Rupps Gruppe und heute Professor am Izmir Institute of Technology in der Türkei. Wirklich gut funktionieren sie im gegenw?rtigen Entwicklungsstand allerdings erst bei etwa 95 Grad. ?Die Lithium-Ionen k?nnen sich dann besser im Akku bewegen?, so Afyon.

Diesen Umstand k?nnte man beispielsweise in Batterie-Speicherkraftwerken nutzen, die überschüssige Energie speichern und zeitversetzt abgeben k?nnen. ?In vielen Industrieprozessen entsteht heute Abw?rme, die ungenutzt verpufft?, sagt Afyon. ?Indem man Batterie-Speicherkraftwerke mit Industrieanlagen koppelt, k?nnte man die Abw?rme nutzen, um das Speicherkraftwerk bei optimalen Temperaturen zu betreiben.?

Neue Dünnschichtakkus

?Viele derzeitige Festk?rperakku-Forschungsprojekte fokussieren sich auf die Verbesserung der Elektrolyte?, sagt Afyon. Es gebe nur wenige Studien wie diese, in der Wissenschaftler einen ganzen Festk?rper-Akku zusammenbauen – mit den Methoden, die auch in der industriellen Produktion zum Einsatz kommen – und testen.

?Wir haben in dieser Arbeit erstmals einen ganzen Lithium-Ionen-Akku mit einem festen Lithiumgranat-Elektrolyten und einem festen Minuspol aus einem Oxid hergestellt. Damit haben wir gezeigt, dass es m?glich ist, mit Lithiumgranat ganze Batterien zu bauen?, sagt ETH-Professorin Rupp. Dank diesem festen Elektrolyten k?nne man nicht nur Batterien bei h?heren Temperaturen betreiben, sondern auch Dünnschichtakkus bauen. Darunter solche, die man direkt auf Siliziumchips platzieren k?nne.

?Diese Dünnschichtakkus k?nnten die Energieversorgung von tragbaren Elektronikger?ten revolutionieren?, sagt Rupp. In weiterer Forschung verfolge sie und ihr Team diesen Ansatz weiter. Dazu arbeiteten sie auch mit Industriepartnern zusammen sowie dem Paul Scherrer Institut und der Empa. In den unmittelbar n?chsten Schritten wird es darum gehen, den Akku zu optimieren, insbesondere die Leitf?higkeit an der Elektroden-Elektrolyt-Grenzfl?che weiter zu erh?hen.

Literaturhinweis

Van den Broek J, Afyon S, Rupp JLM: Interface-Engineered All-Solid-State Li-Ion Batteries Based on Garnet-Type Fast Li+ Conductors. Advanced Energy Materials 2016, 1600736, doi: externe Seite 10.1002/aenm.201600736

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