Wie Regen von der Bodenfeuchte abhängt

Es regnet im Sommer am h?ufigsten dann, wenn im Boden viel Feuchtigkeit steckt. Dabei f?llt der Niederschlag jedoch am ehesten in Regionen, wo die Erde vergleichsweise trocken ist. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende der ETH Zürich nach Auswertung weltweiter Daten. Ihre Studie tr?gt dazu bei, den bislang wenig erforschten Klimafaktor Bodenfeuchte besser zu verstehen.

Vergr?sserte Ansicht: Regen
An Tagen mit hoher Bodenfeuchte gehen Nachmittagsniederschl?ge vor allem in Regionen mit trockenem Boden nieder. (Bild: Solange_Z  / iStock)

Der Wassergehalt des Bodens hat grossen Einfluss auf das Regionalklima. Allerdings sind viele Zusammenh?nge noch unklar. Forschende vom Institut für Atmosph?re und Klima der ETH Zürich sind jetzt zusammen mit Kollegen aus Belgien und den Niederlanden der Frage nachgegangen, wann und wo es im Sommer nachmittags am meisten regnet. Sie wollten kl?ren, ob es mehr Niederschlag an Tagen mit trockenem oder mit feuchtem Boden gibt. Und wo genau es an diesen Tagen am wahrscheinlichsten regnet. Anlass für ihre Studie waren widersprüchliche Ergebnisse anderer Wissenschaftler. W?hrend einige Forscher Nachmittagsniederschl?ge besonders an Tagen mit hoher Bodenfeuchtigkeit beobachtet hatten, kamen andere zum scheinbar gegenteiligen Ergebnis. Der Regen fiel dort, wo der Boden im Vergleich zum umliegenden Gebiet am trockensten war.

Die neue Studie schafft nun Klarheit. ?Es regnet im Durchschnitt tats?chlich am meisten an Tagen mit hoher Bodenfeuchte?, erkl?rt Erstautor Benoit Guillod, der diese Studie als Teil seiner Doktorarbeit in der Gruppe von Sonia Seneviratne, Professorin für Land-Klima Dynamik, geleitet hat und jetzt an der Universit?t Oxford t?tig ist. ?Der meiste Niederschlag f?llt dabei jedoch über dem Teilgebiet, das am trockensten ist.? Erkl?ren l?sst sich dieses Ph?nomen so: Im Verlauf des Tages erw?rmt die Sonne die Erdoberfl?che, wodurch das Wasser in Seen, Flüssen, Meeren und aus dem Boden zu verdunsten beginnt. Dieser Wasserdampf steigt im Tagesverlauf immer weiter nach oben, wo er auf k?ltere Luftschichten trifft und kondensiert. Es beginnt zu regnen. Vor allem in Gebieten fernab der Küste spielt dabei der Wassergehalt des Bodens eine entscheidende Rolle: Je mehr Bodenfeuchte, desto mehr Wasser kann verdunsten, was die Wahrscheinlichkeit von Regen erh?ht.

Doch wo genau geht der Regen dann nieder? Da innerhalb eines feuchten Gebiets die Stellen mit geringerer Bodenfeuchte die w?rmste Luft produzieren, kann der Wasserdampf hier am h?chsten steigen und trifft damit am ehesten auf k?ltere Luftschichten. Dadurch regnet es an diesen Stellen auch am h?ufigsten.

Bodenfeuchte noch unzureichend erforscht

Um zu diesem Ergebnis zu kommen, mussten die Wissenschaftler eine Vielzahl von Daten hinzuziehen. Denn obwohl die Bodenfeuchte ein wichtiger Klimafaktor ist, mangelt es weltweit an Angaben. Bislang geh?rt die Schweiz zu den wenigen Vorreitern: Seit 2008 gibt es ein von Institut für Atmosph?re und Klima initiiertes Messstellennetz (ETH Life berichtete). Gemeinsam mit dem Agroscope Reckenholz-T?nikon und MeteoSchweiz hat die ETH im Rahmen des Projekts SwissSMEX (Swiss Soil Moisture Experiment) schweizweit 19 Stationen mit Bodensonden eingerichtet. Aufgezeichnet werden die Bodentemperatur und der Wassergehalt in verschiedenen Tiefen.

Weltweit sind solche detaillierte Messungen allerdings selten. Für die Studie behalfen sich die Wissenschaftler daher mit Satellitendaten, die Informationen zur Feuchte der Bodenoberfl?che bis zu einer Tiefe von zwei bis drei Zentimetern lieferten. Für eine genaue Untersuchung der Wasserverdunstung reichen diese Daten der Oberfl?che jedoch nicht aus. Denn viel Wasser verdunstet über die Vegetation, wobei Pflanzen mit ihren Wurzeln Wasser aus der Tiefe nach oben transportieren. Die Wissenschaftler sch?tzten daher die Bodenfeuchte bis zu einem Meter Tiefe, wozu zu sie erg?nzend zu den Niederschlagsangaben und der Oberfl?chenbodenfeuchte auch Informationen zu Strahlung und Temperatur auswerteten.

?ber 100‘000 Regenereignisse analysiert

?Wir haben ein Raster über die Erdoberfl?che gespannt, mit Hilfe eines Algorithmus über 100‘000 individuelle Regenereignisse aus den Jahren 2002 bis 2011 identifiziert und dann die Bodenfeuchte vor diesen Ereignissen analysiert?, erl?utert Guillod die Methode. Die Vorg?ngerstudien hatten sich entweder nur auf den r?umlichen Aspekt – wo es regnet – oder den zeitlichen – wann es regnet – beschr?nkt. ?Erst unsere Studie zeigt den gesamten zeitlichen und r?umlichen Zusammenhang zwischen Bodenfeuchte und Niederschlag?, sagt Guillod.

Dennoch warnt er vor voreiligen Schlüssen: ?Die Frage, wann genau es zu Niederschl?gen kommt, ist wegen der Komplexit?t der Prozesse noch nicht endgültig gekl?rt.? Leistungsst?rkere Computer, detailliertere Simulationen und Modellexperimente sollen künftig weiterführende Antworten dazu liefern, wie stark die Niederschlagsereignisse jeweils von Bodenfeuchte und von atmosph?rischen Prozessen beeinflusst werden.

Die Antworten auf diese Fragen k?nnten in Zukunft auch helfen, andere Klimaprozesse besser zu verstehen. ?Sie spielen auch eine Rolle für die Wechselwirkung zwischen Bodenfeuchte und Pflanzenwachstum?, erl?utert Sonia Seneviratne. Solche Angaben k?nnten zum Beispiel als Grundlage zur Erforschung der Folgen grossfl?chiger Bew?sserungsanlagen in der Landwirtschaft dienen. Oder sie k?nnten Aufschluss darüber geben, ob sich die Ausdehnung von Trockengebieten durch Bepflanzung und Bew?sserung vermindern l?sst.

Literaturhinweis

Guillod BP, Orlowsky B, Miralles DG, Teuling AJ, Seneviratne SI: Reconciling Spatial and Temporal Soil Moisture Effects on Afternoon Rainfall. Nature Communications 2015. 6: 6443, doi: externe Seite 10.1038/ncomms7443

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