Ein wegkatapultiertes Schwarzes Loch?

Astronomen haben im Weltall ein Objekt entdeckt, das ein Schwarzes Loch sein k?nnte, das aus einer Galaxie katapultiert wurde. Oder es handelt sich dabei um einen riesigen Stern, der w?hrend einer sehr langen Zeitspanne von mehreren Jahrzehnten explodiert. In jedem Fall ist es ein sehr besonderes Objekt. Auch jene Physiker, welche die viel diskutierten und von Albert Einstein vorausgesagten Gravitationswellen experimentell nachweisen m?chten, interessieren sich dafür.

Vergr?sserte Ansicht: Markarian 177
Dieses Bild zeigt die die Zwerggalaxie Markarian 177 (im Zentrum) und SDSS113 (blauer Punkt in der N?he), welche 90 Millionen Lichtjahre von der Erde liegen. Die Galaxie liegt im Sternbild des Grossen B?rs. (Bild: Sloan Digital Sky Survey)

In seiner Allgemeinen Relativit?tstheorie sagte Albert Einstein voraus, dass es Gravitationswellen gibt. Mehr noch: Einsteins Theorie steht und f?llt mit der Existenz dieser Wellen. Obschon Physiker in den vergangenen Jahrzehnten grosse Anstrengungen unternommen haben, ist es bisher jedoch nicht gelungen, Gravitationswellen mit einer Messung direkt nachzuweisen. Zu einem wichtigen Teil dürfte dies daran liegen, dass dafür geeignete Messger?te eine Pr?zision haben müssen, wie sie sich heute kaum herstellen l?sst. Schliesslich gilt es, geringste Stauchungen und Streckungen des Raums zu messen, die nach Einsteins Theorie entstehen, wenn Gravitationswellen diesen durchqueren. Und selbst mit künftigen hochpr?zisen Messger?ten dürften nur Wellen mit ausgesprochen grosser Intensit?t detektiert werden k?nnen, wie sie etwa bei der Fusion zweier Schwarzer L?cher entstehen. Um die Gravitationswellen zu detektieren, darf ein solches Ereignis nicht allzu weit weg von der Erde stattfinden.

Steuern zwei Galaxien im All aufeinander zu und kollidieren sie schliesslich, dann verschmelzen sie zu einer einzigen. Auch die beiden supermassereichen Schwarzen L?cher im Zentrum der beiden Galaxien vereinen sich dabei, wobei nach der Allgemeinen Relativit?tstheorie Gravitationswellen entstehen, die sich im Raum ausbreiten. Wenn die Schwarzen L?cher unterschiedliche Massen haben oder sich in unterschiedlichen Geschwindigkeiten drehen, breiten sich die Gravitationswellen asymmetrisch aus. Das fusionierte Schwarze Loch erf?hrt dabei einen Rückstoss in die Gegenrichtung. In manchen F?llen ist dieser Rückstoss verh?ltnism?ssig schwach, das Schwarze Loch pendelt wieder zurück ins Zentrum. In anderen F?llen ist er so stark, dass das Schwarze Loch für immer aus der Galaxie geschleudert wird und einsam im Universum verbleibt.

?berbleibsel einer Kollision zweier Galaxien…

Astronomen suchten in der Vergangenheit nach solchen wegkatapultierten Schwarzen L?chern, fanden jedoch keine. Ein internationales Team von Wissenschaftlern um Kevin Schawinksi, Professor am Institut für Astronomie, und Michael Koss, der als sogenannter Ambizione-Fellow des Schweizerischen Nationalfonds in Schawinskis Gruppe forscht, observierten ein Objekt, bei dem es sich um ein solches wegkatapultiertes Schwarzes Loch handeln k?nnte. Das Objekt mit der Bezeichnung SDSS1133 liegt rund 90 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt, was für astronomische Verh?ltnisse als ?nahe? gilt. An der Entdeckung beteiligt sind ausserdem Wissenschaftler der University of Maryland, der University of Hawaii, des Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, Kalifornien, der University of Arizona, der Universit?t Kopenhagen, der University of California Berkeley und der Ohio State University.

Vergr?sserte Ansicht: Keck Observatorium
Um durch Luftturbulenzen verursachte Verzerrungen der Messungen zu korrigieren, wird am Keck-Observatorium mit einem Laserstrahl ein ?künstlicher Stern? am Himmel erzeugt – die Technik wird adaptive Optik genannt. (Bild: Paul Hirst / Wikipedia)

Dass SDSS1133 ein besonderes Objekt sein muss, ist den Forschenden aufgefallen, als sie es letztes Jahr  am einem Spiegelteleskop am Keck Observatorium in Hawaii  beobachteten. Es leuchtete zehnmal schw?cher als noch 2001, wie ein Vergleich mit einer Himmelskarte aus diesem Jahr zeigte. Auf Karten aus den 1950er und 1990er Jahren war das Objekt ebenfalls zu sehen, jedoch leuchtete es auch damals nur schwach. Weil SDSS1133 im Jahr 2001 so hell leuchtete, nachher aber nicht komplett verblasste, kann es nicht von einer gew?hnlichen Supernova stammen, also einer Explosion eines Sterns am Ende seiner Lebenszeit. Denn solche Ph?nomene sind oft nur w?hrend wenigen Monaten sichtbar und verblassen danach sehr stark.

Aus einem Vergleich des Wellenl?ngenspektrum des von SDSS1133 und einer Zwerggalaxie in der N?he schlossen die Wissenschaftler, dass es sich bei SDSS113 um ein Schwarzes Loch handeln k?nnte, das zu einem früheren Zeitpunkt zu ebendieser Zwerggalaxie geh?rte und aus dieser geschleudert wurde.

… oder eine der am l?ngsten Supernovae?

Ganz so sicher sind sich die Forschenden allerdings nicht, denn es gibt zumindest theoretisch eine zweite, etwas exotische Erkl?rungsm?glichkeit: Es k?nnte sich bei SDSS 1133 um einen neuen Typus einer lange andauernden Supernova eines riesigen Sterns handeln. Dabei h?tte dieser riesige Stern bereits vor seiner finalen Explosion w?hrend mindestens 50 Jahren in einer Folge mehrerer Eruptionen einen Grossteil seiner Masse verloren.

Solche sich ver?ndernden Sterne wurden schon beobachtet: Eta Carinae, einer der massereichsten Sterne unserer eigenen Galaxie, war 1843 w?hrend einer kurzen Zeit der zweithellste Stern am Nachthimmel. W?ren solche Ausbrüche auch bei SDSS 1133 die Erkl?rung, dann würde es sich dabei um die l?ngsten kontinuierlichen Eruptionen handeln, die je vor einer Supernova beobachtet worden sind.

L?sung des R?tsels in Sicht

Die ETH-Forschenden werden n?chstes Jahr die Gelegenheit erhalten, das R?tsel zu l?sen. Schwarze L?cher und Supernovae emittieren beide ultraviolettes Licht, jedoch von unterschiedlicher Wellenl?nge. Um das Spektrum sehr pr?zise messen zu k?nnen, wurde den Wissenschaftlern für Oktober 2015 Beobachtungszeit mit dem Hubble Weltraumteleskop zugesichert.

Auch die Ver?nderung der Helligkeit des Objekts in den n?chsten Jahren wird den Wissenschaftlern Hinweise darauf geben, ob es sich um ein wegkatapultiertes Schwarzes Loch oder einen explodierenden Megastern handelt: Für ein wegkatapultiertes Schwarzes Loch erwarten sie eine ver?nderliche Helligkeit, w?hrend die Explosion einer Supernova mit der Zeit immer schw?cher wird. ?Unabh?ngig davon, ob SDSS1133 ein wegkatapultiertes Schwarzes Loch oder ein explodierender Megastern ist, haben wir etwas entdeckt, das nie zuvor beobachtet wurde?, sagt Michael Koss.

Und sollte es sich herausstellen, dass das Objekt tats?chlich ein wegkatapultiertes Schwarzes Loch ist, dann würde dies die Chance, dereinst Gravitationswellen nachweisen zu k?nnen, deutlich erh?hen. Der Rückstoss l?ge nach Aussage der Wissenschaftler rund zehn Millionen Jahre zurück. Für die konkrete Messung von Gravitationswellen w?re daher nicht dieses Objekt selbst bedeutend, sondern die Tatsache, dass es überhaupt existierte. ?Zwerggalaxien sind sehr h?ufig?, so Koss. ?Die Wahrscheinlichkeit w?re damit gross, dass bald weitere solcher Rückstossereignisse auftr?ten. Damit bestünde die Hoffnung, dass sich ein solches in der N?he der Erde beobachten liesse, und dabei Gravitationswellen gemessen werden k?nnten.?

Missionen zur Suche nach Gravitationswellen

In einer ihrer n?chsten grossen Missionen mit dem Namen eLISA wird die Europ?ische Weltraumagentur ESA mit Raumsonden und einem sogenannten Laser-Interferometer im All Gravitationswellen zu detektieren versuchen. Der Start der Sonden ist für das Jahr 2034 geplant. Bereits n?chstes Jahr l?uft dazu die Vorbereitungsmission ?LISA Pathfinder? an, mit der Schlüsseltechnologien für eLISA getestet werden sollen.  An ?LISA Pathfinder? ist auch die ETH Zürich beteiligt (ETH News berichtete).

Literaturhinweis

Koss M, Blecha L, Mushotzky R, Hung CL, Veilleux S, Trakhtenbrot B, Schawinski K, Stern D, Smith N, Li Y, Man A, Filippenko AV, Mauerhan JC, Stanek K, Sanders D: An Unusually Persistent Transient in a Nearby Dwarf Galaxy, Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 2014. 445: 515, doi: externe Seite 10.1093/mnras/stu1673

Was ist ein Schwarzes Loch?

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