Irrtum im Gehirn beobachtet

Hirnforscher m?chten aus Magnetresonanzbildern ablesen, wie eine Person lernt. Dazu haben sie nun einen Grundstein gelegt: Forschende zeigten, dass Irrtümer w?hrend des Lernens bestimmte Hirnareale aktivieren.

Vergr?sserte Ansicht: Neuronen
Nervenzellen kommunizieren miteinander über Neurotransmitter wie Dopamin und Acetylcholin. (Grafik: Emily Evans, Wellcome Images, flickr.com)

So wie ein Arzt über einen Bluttest zurückschliessen kann, ob die Leber eines Patienten gesund ist, versuchen Neurologen über nicht-invasive Tests die Hirnaktivit?t ihrer Patienten zu untersuchen. Mithilfe bildgebender Verfahren wie der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRI) k?nnen Mediziner die Aktivit?t bestimmter Hirnareale anhand ihrer Durchblutung messen. Die Verknüpfung dieser durch fMRI abgebildeten Hirnaktivit?ten mit neuronalen Prozessen, also der Aktivit?t bestimmter Nervenzell-Netzwerke, ist nach wie vor schwierig.

Diese Verknüpfung herzustellen, ist das Ziel von Klaas Stephan, Professor für Translationale Neuromodellierung an der ETH und der Universit?t Zürich, und seinen Mitarbeitenden. Einen bedeutenden Grundstein dafür hat Stephans Doktorandin Sandra Iglesias gelegt: Gemeinsam mit ihren Kollegen konnte sie zeigen, dass bestimmte Schritte eines Lernprozesses – genauer gesagt Irrtümer beim Assoziationslernen – zwei bestimmte Nervenzell-Netzwerke im Gehirn aktivierten.

Dopamin nicht bei Belohnung

In einer Testreihe h?rten Probanden einen hohen oder einen tiefen Ton und mussten anschliessend vorhersagen, ob sie das Bild eines Hauses oder eines Gesichts zu sehen bek?men. Dabei erschien beispielsweise das Bild des Hauses mit 70 Prozent Wahrscheinlichkeit nach dem hohen Ton. Gleichzeitig beobachteten die Forschenden die Hirnaktivit?t anhand von fMRI. Die Kernfrage dieses Versuchs war, welche Gehirnareale bei einer falschen Vorhersage aktiviert wurden.

Lagen die Probanden in ihrer Vorhersage falsch, aktivierte dies das Mittelhirn. Dort liegen haupts?chlich Neuronen vor, die über den Neurotransmitter Dopamin kommunizieren, sogenannte dopaminerge Nervenzellen. ?Bislang hat man angenommen, dass dopaminerge Neuronen in Lernprozessen eine unerwartete Belohnung signalisieren?, erkl?rt Iglesias. In ihrer Studie konnten sie und ihre Kollegen jedoch erstmals nachweisen, dass diese Nervenzellen auch unabh?ngig von Belohnung aktiviert wurden. Ausgel?st wurde diese Aktivit?t n?mlich allein durch das unerwartete Auftauchen des Hauses oder des Gesichts nach einer falschen Vorhersage. ?Das hat mit Belohnung nichts zu tun?, betont Iglesias.

Den Forschenden gelang es, noch eine weitere Facette des Lernens mit einer bestimmten Hirnaktivit?t zu verknüpfen: Im Verlauf des 24-minütigen Lerntests variierten die Forschenden die Wahrscheinlichkeit, mit der das Bild mit dem jeweiligen Ton verknüpft war. Gleichzeitig beobachteten sie, wie schnell und akkurat die Probanden ihre Vorhersage der tats?chlichen Wahrscheinlichkeit anpassten. Je st?rker die erwartete Wahrscheinlichkeit des Probanden von der tats?chlichen abwich, desto mehr war im fMRI eine Aktivit?t im basalen Vorderhirn abzulesen. Dort liegen haupts?chlich Nervenzellen vor, die über den Neurotransmitter Acetylcholin kommunizieren.

Auf dem Weg zum diagnostischen Werkzeug

Mit ihren Erkenntnissen stehen die Forschenden noch am Anfang des Weges. ?Noch haben wir keine Korrelation mit klinisch bedeutsamen Prozessen untersucht?, sagt Stephan. Das Verfahren müsse weiter entwickelt werden, um diagnostisch relevante Prozesse bei Patienten auslesen zu k?nnen. ?Wenn wir mithilfe eines solchen Verfahrens feststellen k?nnen, dass beispielsweise ein Subtyp von Schizophrenie mit einer St?rung der dopaminergen Signalsysteme im Gehirn zusammenh?ngt, ein anderer Subtyp aber nicht, hat das Auswirkungen auf die Wahl des Medikaments.?

In einem n?chsten Schritt wird Iglesias untersuchen, ob sich die Aktivit?t der beschriebenen Hirnareale in Lerntests ver?ndert, wenn die Probanden zuvor ein Medikament eingenommen haben, welches die Hirnaktivit?t beeinflusst. Das Ziel w?re es dabei, anhand der fMRI-Bilder vorhersagen zu k?nnen, ob die Patienten das Medikament oder ein Placebo genommen hatten. ?Damit w?ren wir einen Schritt n?her an den klinisch relevanten Prozessen?, sagt Stephan.

Literaturhinweis

Iglesias S, Mathys C, Brodersen KH, Kasper L, Piccirelli M, den Ouden HEM, Stephan KE: Hierarchical Prediction Errors in Midbrain and Basal Forebrain during Sensory Learning. Neuron, 17 October, 2013, doi: externe Seite 10.1016/j.neuron.2013.09.009

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